24.10.06

America, sweet America - or not!

Ein beliebtes Argument - oder vielmehr ein beliebter Vergleich - wenn über die "Krise" (gähn) der deutschen SF diskutiert wird, ist, dass in den USA, dem zweifelsohne größten SF-Markt der Welt, ja alles besser wäre. Hin und wieder ist es gar nicht schlecht, hier etwas Wasser in den Wein zu gießen, vor allem, was die oftmals eher blauäugigen Vorstellungen über Honorare und verkaufte Auflagen betrifft. Hier rede ich nicht über die Bestseller - wer einen Bestseller gelandet hat, verdient überall gutes Geld, in den USA wie auch in Deutschland -, sondern über das, was man gemeinhin "Midlist" nennt - also nicht wirklich gut aber auch nicht wirklich schlecht: Ein Buch, das sich ordentlich verkauft, Gewinn macht, aber als einzelnes Werk weder den Autor noch den Verlag neue Geldspeicher bauen lässt.
Und da sollte man sich einmal mit den Zahlen befassen. Erst kürzlich hat der amerikanische Autor Lawrence Watt-Evans - ein klassischer Midlist-Schriftsteller - wieder auf die entsprechenden Quantitäten hingewiesen: Eine durchschnittliche Auflage für ein Midlist-HC ist zwischen 1500 und 3000 Exemplaren und zwischen 15000 und 25000 Exemplaren als Taschenbuch (damit ist das "Mass market"-TB gemeint). Ein durchschnittlicher Vorschuss beträgt dabei dann um die 7500 US$. That's it.
Die Zahlen wirken auf den Naiven durchaus ernüchternd. Ein HC sollte auch auf dem deutschen Markt, zumindest bei einem der größeren Verlage, in dem angesprochenen Bereich laufen, und selbst einige Kleinverlagspublikationen kratzen oft an der unteren Grenze. Bei Taschenbüchern ist das sicher etwas schwieriger - Taschenbücher sind in den USA allerdings auch nochmal ein gutes Stück preiswerter als in D -, aber extrem abwegig ist eine Zahl von 15000 Exemplaren bei einem einigermaßen gut gehenden TB auch nicht (wenngleich sicher sehr viele TBs in Deutschland deutlich weniger verkaufen dürften).
Also: Wer nicht gerade David Weber heißt und regelmäßig mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf der NYT Bestsellerliste landet und entsprechend verkauft, hat es auch als durchaus etablierter Autor in den USA nicht notwendigerweise leicht. So unterschiedlich sind die beiden Märkte dann offenbar doch auch nicht.

4 Comments:

Anonymous Anonym said...

Wobei ich ergänzen möchte, dass die eigentlich nahe liegende Vergleichbarkeit zwischen US-Mass Market Paperbacks und deutschen Taschenbüchern in den letzten Jahren immer ein Stück weniger gegeben ist. Deutsche Taschenbücher sind im Schnitt deutlich teurer und liegen eher zwischen (den bei uns nicht so häufigen) Trade Paperbacks und den Mass Market Paperbacks.

Immerhin, eines der hässlichsten US-Phänomene bleibt uns bisher erspart: Ersichtlich aus Kostengründen mies hergestellte TBs. Ich hatte gerade die Tage eine englische Ausgabe von Stephen Kings "The Dark Tower VII: The Dark Tower" in der Hand und die dürfte, um Seiten und Geld zu sparen, so ca. Schriftgröße 7-8 gehabt haben. Ätzend. Das möchte ich mir nicht auf über 700 Seiten reintun.

3:52 PM  
Blogger Frühstück said...

Naja, das hängt doch sehr vom Verlag ab. Manche Taschenbücher, die ich hier vorliegen habe - ich greife mal spontan zum ersten Band des Armageddon-Zyklus von Hamilton bei Bastei - sind von der Druck- und Verarbeitungsqualität von einem ordentlichen MM-Paperback eines der größeren amerikanischen Verlage kaum noch zu unterscheiden. Die Spannbreite ist da in Deutschland doch relativ groß.

9:21 AM  
Anonymous Anonym said...

Was besagte Vergleichbarkeit zwischen amerikanischen und deutschen Mass Market PBs (oder eben "Taschenbüchern" ;-)) angeht, sollte man nicht vergessen, dass diese Bücher in den USA häufig die zweite oder gar dritte Verwertungsstufe (nach HC und Trade) darstellen, während es in Deutschland (zumindest im Genrebereich) immer noch meist die Erstausgabe ist (d.h. dass die - angesichts der teilweise enormen Umfänge - nicht unerheblichen Übersetzungskosten mitgetragen werden müssen). Vergleichen sollte man daher - wenn überhaupt - auch eher den britischen und den deutschen Markt. Und da sehen die deutschen TBs und Trades gar nicht mehr so schlecht aus (vor allem, weil die Jungs von der Insel in Sachen Herstellung schon mal gerne am qualitativen Bodensatz kratzen - man schaue sich z.B. mal die generell zweifellos verdienstvollen Editionen der SF bzw. Fantasy Masterworks an).

Das mit den Auflagenzahlen wollte ich vor kurzem schon mal im SF-Board posten, aber momentan fehlt mir irgendwie die Lust (und natürlich auch die Zeit - aber Letzteres würde mich nicht ernsthaft hindern ;-)), mich mit Leuten rumzuschlagen, die zwar keine Ahnung, aber ganz viel Meinung haben ...

Grüße
Gerd

3:06 AM  
Blogger Frühstück said...

Ich habe aber zunehmend den Eindruck, dass die Abfolge HC - Trade - MMP nur selten eingehalten wird. HC zu MMP ist eher anzutreffen, die Trades führen doch ein sehr randständiges Dasein oder werden als HC-Ersatz für die Erstveröffentlichung genutzt.
Was die Übersetzungskosten angeht, so stimmt das natürlich, wobei es mir - das ist sicher nicht sehr gut rübergekommen - hier im Vergleich natürlich um den Vergleich amerikanische Erstveröffentlichung auf Amerikanisch vs. deutsche auf deutsch ging. Dass Ihr Übersetzer Euch eine goldene Nase verdient, ist ja allgemein bekannt :o)))

8:30 AM  

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