Mit dem Roman "Universität der Dämonen", der am Dienstag in der Bastei-Gruselserie "Professor Zamorra" erscheint, habe ich in gewisser Hinsicht auch ein wenig meiner eigenen akademischen Vergangenheit "aufgearbeitet". Der gute Professor wird zu einer Gastveranstaltung an eine deutsche Uni gebeten und muss dort erkennen, dass auch an diesem Hort akademischer Beschaulichkeit seine Höllenfeinde nicht tatenlos sind. Dass Norbert Seufert, der Organisator des GrillCons, in Gestalt eines Hausmeisters in diesem Roman auftaucht, hängt mit der Entstehungsgeschichte des Romans zusammen, der die Konsequenz eines kurzen Gesprächs zwischen mir und Werner K. Giesa auf dem GrillCon 2004 ist.
Darüber hinaus habe ich weiter an meinem aktuellen Manuskript gearbeitet und ein zweites begonnen, das sich als schwieriger heraus stellt als erwartet. Ich gehöre zudem zu den Leuten, die nach Erreichen einer gewissen Seitenzahl wieder zum Anfang zurück kehren, zu bearbeiten beginnen, logische Fehler ausbügeln und den Text erweitern. Falls es jemanden interessiert, hier mal als kleine Leseprobe den Anfang von Kapitel 3:
3 Station ThetisEr verstand die Leute nicht.
Nein, das war nicht ganz richtig. Er verstand sie schon – Verstehen im Sinne der richtigen Aufnahme der Bedeutung eines Wortes oder Satzes. Was sie sagten, hörte und verstand er. Nur was sie meinten, entging ihm oft. Bewegten sie ihre Arme und verzogen sie die Muskulatur ihres Gesichts, war das für ihn nur Bewegung. Sie hatte kein Ziel. Was sie ausdrückte, blieb ihm versclossen. Rational wusste er, was manche dieser Bewegungen bedeuteten: Verzog sich der Mund nach oben, dann wurde damit oft Humor ausgedrückt. Aber bei anderen sah das Lachen offenbar anders aus, was sehr missverständlich war, und viele machten zwar die Mimik des Lächelns, meinten aber nicht das, was es eigentlich bedeutete. Für ihn ergab sich kein sichtbarer Zusammenhang zwischen dem Gesagten und dem, mit dem es untermalt wurde.
Und so kam es, dass er die Leute nicht verstand.
Das war verschmerzbar, denn fast jeder, mit dem er zu tun hatte, war ein Idiot.
So lange er seine Arbeit hatte und die damit verbundenen Bedürfnisse erfüllt wurden, war die Verwirrung nicht mehr als ein manchmal störendes, aber im Grunde zu ignorierendes Hintergrundrauschen. Er saß vor seinen Computersimulationen oder im Labor. Leute arbeiteten für ihn, sicher, aber er musste nicht verstehen, was sie meinten. Er gab ihnen Anweisungen – sehr klare dazu, und es gab in die andere Richtung offenbar keinerlei Verständigungsprobleme. Waren seine Leute gut, führten sie sie aus und die Computer teilten ihm das Ergebnis mit. Computer sagten und meinten in einem, es gab keine unterschiedlichen Vermittlungsformen.
Er mochte Computer.
Diejenigen seiner Leute, die seine Anweisungen nicht befolgten oder versuchten, ihn in sinnlose Gespräche über ihre Arbeit zu verwickeln, blieben nicht lange. Es gab andere, meist Uniformträger, die das Labor gut beobachteten. Erkannten sie, dass er verwirrt wurde oder in seinen Anweisungen stockte, entfernten sie das Übel. Ihm war das egal, für ihn war der eine Mensch wie der Andere. Er erkannte Unterschiede im Aussehen und machte sich die Mühe, dem Äußeren die individuellen Namen zuzuordnen, mit denen sie gerne angesprochen wurden, aber er kannte niemanden, auch nicht jene, die seit Jahren für ihn arbeiteten. Es machte keinen Unterschied, ob jemand seit einer Woche oder einem Jahrzehnt da war. Wenn er funktionierte, war es gut. Wenn er nicht funktionierte, ging er.
Er mochte definitiv Probleme.
Dabei kam es nicht darauf an, wer ihm die Probleme bereitete. Vorstellte. Vorbereitete. Er selbst hatte keine Probleme, er bekam sie von anderen. Ihn interessierte meist nicht das spezifische Problem – obgleich er solche vorzog, bei deren Lösung er sein umfassendes Wissen einsetzten konnte. Ihn interessierte das Problem an sich. Die Tatsache, dass es eines war. Es reizte ihn. Es war die einzige Herausforderung, die ihn auch emotional werden ließ. Emotionalität drückte sich bei ihm dadurch aus, dass er stundenlang, ohne Unterbrechung, über das Problem zu reden begann, meistens zu sich selbst. Er wusste, dass die Uniformen diese Monologe mitschnitten und sich ganze Teams nur mit dem befassten, was er an Lösungswegen formulierte und verwarf. Es kümmerte ihn nicht. Was seinen Mund verließ, war bereits veraltet. Sein Verstand war schneller, immer zwei bis drei Schritte voraus. Aber das Reden half ihm, die wirbelnden Erkenntnisse zu verarbeiten. Es half ihm, sich zu konzentrieren. Er sortierte sich. Worte waren da nur Abfall, die Zuhörer nicht mehr als die Müllabfuhr. Sollten sie nehmen, was sie durch das Wühlen im Müll fanden, ihm war das gleichgültig.