Kurzgeschichten verkaufen sich generell eher schlecht in Deutschland. Die großen Publikumsverlage haben die eigenen Plattformen für SF-Storys bereits vor geraumer Zeit eingestellt. Die relativ komfortablen Zeiten mit monatlichen Jeschke-Anthologien oder etwa der schönen Anthoreihe unter Thomas LeBlancs Herausgeberschaft sind lange vorbei. Trotzdem erscheinen seit einigen Jahren wieder sehr viele Kurzgeschichten, und das liegt daran, dass es eine Reihe von umtriebigen Kleinverlagen gibt, die Anthologien publizieren, und das wie wild.
Nun bin ich ein Freund der Kleinverlage, das ist allgemein bekannt, wenngleich sicher ein kritischer Freund. Ich freue mich für all jene Autoren, die eine Kurzgeschichte veröffentlicht bekommen, ohne etwas dafür zu zahlen müssen. Dennoch erscheint mir der Boom der zahlreichen Anthologien (und ich zähle auch mal das Magazin NOVA hinzu, das im Grunde nichts anderes ist) wie eine Schimäre, eine Illusion, die die dahinter liegende Realität verbirgt. Und diese Realität ist meiner Auffassung nach, dass dieser scheinbare Aufschwung nur dadurch möglich ist, dass viele der Verlage keine bis vernachlässigbare Honorare für diese Kurzgeschichten zahlen. Das ist natürlich nachvollziehbar, denn auch die seriösen Kleinverlage haben keinen Geldesel im Keller. Dennoch erscheint derzeit so viel, dass man sich schon fragen muss, auf welcher kalkulatorischen Grundlage man da überhaupt Honorare zahlen kann. Mehr als eine kleine Anerkennungssumme, falls überhaupt etwas, kann gar nicht drin stecken.
Und so bleibt der scheinbare Aufschwung der Kurzgeschichte eine Seifenblase, die letztendlich auf dem Rücken der Autoren aufgepumpt wurde: Die verzichten nämlich notgedrungen auf das, was im Grunde ihr gutes Recht ist, nämlich eine angemessene Entlohnung. Natürlich ist es schwierig, Nein zu sagen, wenn es keine Alternativen gibt (bzw. die Alternative darin besteht, nicht veröffentlicht zu werden). Doch stellt sich schon die Frage, was wohl aus den ganzen Anthologien werden würde, wenn die Autoren sie nicht durch Verzicht mitsubventionieren würden.
So bleibt für mich der, möglicherweise ja fälschliche, Eindruck, dass hier mit dem Feiern des "Comebacks der Kurzgeschichte" nur ein Popanz aufgebaut wird, der bei rechter Betrachtung (und das muss letztendlich eine marktwirtschaftliche sein, denn auch Verlage produzieren ja nicht für das Archiv) auf sehr tönernen Füßen steht. Er würde wahrscheinlich vollends zusammen brechen, wenn die Autoren alle mal die Hand aufhalten würden.